BGH: Zur Thematik des Thermofensters der Daimler AG

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat sich erstmals zur Thematik des „Thermofensters“ geäußert.

Beschluss vom 19. Januar 2021 – VI ZR 433/19

Im vom BGH zu entscheidenden Sachverhalt erwarb der Kläger im Jahr 2012 einen Mercedes-Benz C220 CDI, in dem sich der Dieselmotor OM 651 befand. Das Fahrzeug unterliegt keinem Rückruf des Kraftfahrtbundesamt (KBA). Daneben wurde für das Fahrzeug eine Typgenehmigung nach der EG Verordnung Nr. 715/2007 erteilt.

Im streitgegenständlichen Fahrzeug erfolgt die Abgasreinigung über die Abgasrückführung, bei der ein Teil der Abgase wieder der Verbrennung im Motor zugeführt wird. Dies wiederum führt zu einer Verringerung des Stickoxidemissionen.

Der Kläger des hiesigen Verfahrens hat behauptet, dass die Motorsteuerung bei einstelligen positiven Außentemperaturen die Abgasrückführung reduziere und sich schließlich ganz abschalte. In der Folge sei ein Anstieg der Stickoxidemissionen zu verzeichnen. Dies stelle – wie im Diesel-Skandal bei VW- eine unzulässige Abschalteinrichtung dar, die die Beklagte nach Behauptung des Klägers dem KBA gezielt vorenthalten und verschleiert habe.

Mit der Klage verfolgt der Kläger das Ziel, das Fahrzeug Zug um Zug gegen Rückzahlung des Kaufpreises abzüglich einer Nutzungsentschädigung an die Beklagte herauszugeben und zu übereignen. Diesen Anspruch stützt er auf § 826 BGB, da der Hersteller ihn vorsätzlich sittenwidrig geschädigt habe.

In den Vorinstanzen hatte der Kläger keinen Erfolg. Auch der Senat des BGH vertritt die Ansicht, dass die Entwicklung und der Einsatz der temperaturabhängigen Steuerung des Emissionskontrollsystems (Thermofenster) für sich genommen nicht ausreiche, um einen Schadensersatzanspruch wegen vorsätzlich sittenwidriger Schädigung gemäß § 826 BGB zu begründen. Die bei dem Kraftfahrzeughersteller handelnden Personen haben nicht bereits deshalb vorsätzlich sittenwidrig geschädigt, weil sie den streitgegenständlichen Fahrzeugtyp auf Grund einer unternehmerischen Entscheidung mit einem solchen Thermofenster ausgestattet und in den Verkehr gebracht haben. Dies gelte nach Ansicht des Senats bereits dann, wenn das Thermofenster als unzulässige Abschalteinrichtung im Sinne des Art. 5 Abs. 2 S. 1 der Verordnung 715/2007/EG zu qualifizieren sein sollte. Es fehlt im vorliegenden Fall an Umständen, die das Verhalten der handelnden Personen als besonders verwerflich erscheinen lassen.

Dieser Fall unterscheidet sich deutlich von dem Sachverhalt, über den der Senat am 25. Mai 2020 unter dem Aktenzeichen VI ZR 252/19 zum Motor EA189 eine Entscheidung getroffen hat.

Quelle:

https://www.bundesgerichtshof.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2021/2021016.html