Das Landesarbeitsgericht (LAG) Hessen hat u.a. entschieden, dass ein Verwertungsverbot von E-Mails nach § 88 Abs. 3 TKG, deren Sendevorgang bereits abgeschlossen ist, dann nicht in Betracht kommt, wenn auf diese E-Mails durch den Arbeitgeber ohne Zugriff auf das Internet zugegriffen werden kann.
Urteil vom 21. September 2018 – 10 Sa 601/18
Diese und andere Fragen musste sich das Gericht im zu entscheidenden Fall stellen, in dem die Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung streitgegenständlich war. Geklagt hatte ein Mitarbeiter der Beklagten, dessen E-Mails kontrolliert worden waren und der im Anschluss daran die außerordentliche Kündigung erhalten hatte. Mit der Kündigungsschutzklage möchte der Mitarbeiter erreichen, dass festgestellt wird, dass das Arbeitsverhältnis nicht beendet worden ist.
Grund für die außerordentliche Kündigung war der Inhalt der E-Mails, die der Mitarbeiter an Kollegen und Kunden des Unternehmens verfasst hat und in denen sowohl andere Mitarbeiter, aber auch der Geschäftsführer beschimpft und beleidigt worden waren. Der Mitarbeiter verfasste die E-Mails jedoch nicht an sämtliche Mitarbeiter und Kunden, sondern lediglich diejenigen, die er auch als private Kontakte bezeichnet.
Die sich auf die Versendung der E-Mails gestützte Kündigung ist jedoch unwirksam und die Berufung des Arbeitgebers mithin unbegründet, da der Inhalt der E-Mails im Prozess nicht verwertet werden durfte.
Zwar ist der Inhalt der E-Mails, unter anderem Beleidigungen als “Russen Arschloch”, “Flasche”, “Russen-Ei” und “Russen-Idiot” grundsätzlich geeignet, einen außerordentlichen Kündigungsgrund darzustellen, jedoch ist ein Verwertungsverbot im vorliegenden Fall auszuschließen, da der Arbeitnehmer durch diese Maßnahme in seinem Recht auf informationelle Selbstbestimmung verletzt worden ist.
Nach § 32 Abs. 1 Satz 1 BDSG a.F. dürfen personenbezogene Daten eines Beschäftigten für Zwecke des Beschäftigungsverhältnisses u.a. dann erhoben, verarbeitet oder genutzt werden, wenn dies für dessen Durchführung oder Beendigung erforderlich ist. Zur Durchführung gehört die Kontrolle, ob der Arbeitnehmer seinen Pflichten nachkommt, zur Beendigung i. S. d. Kündigungsvorbereitung die Aufdeckung einer Pflichtverletzung, die die Kündigung des Arbeitsverhältnisses rechtfertigen kann. Hierbei ist stets der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu wahren. Es stellt daher eine unverhältnismäßige Kontrollmaßnahme dar, wenn der Arbeitgeber auf einen lediglich vagen Hinweis, der Arbeitnehmer hätte sich geschäftsschädigend verhalten, den gesamten Privaten E-Mail-Verkehr des Arbeitnehmers über einen Zeitraum von einem Jahr auswertet.
Dieser Verstoß gegen Datenschutzrecht zieht nach einer Abwägung zwischen Art. 103 Abs. 1 GG und dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung nach Art. 1, Art. 2 Abs. 1 GG ein „
Um sich in diesen Situationen richtig zu verhalten, kann der Arbeitgeber grundsätzlich die Arbeitnehmer anhalten, private E-Mails in einem separaten Ordner abzuspeichern oder nach Kenntnisnahme zu löschen. Dabei müssen diese Vorgaben selbst dem aus Art. 1, Art. 2 Abs. 1 GG abzuleitenden Verhältnismäßigkeitsgrundsatz entsprechen, was bedeutet, dass diese Vorgaben transparent und erforderlich sein müssen, damit die Zwecke gewahrt sind.
Quelle:
http://www.lareda.hessenrecht.hessen.de/lexsoft/default/hessenrecht_lareda.html#docid:8189418