LG Berlin: Zur fachlichen Qualifikation des Abmahnverein IDO

Das Landgericht Berlin hat dem in den Kreisen der Online-Händler bekannten Abmahnverein IDO (Interessenverband für das Rechts- und Finanzconsulting deutscher Online-Unternehmen e. V.), in einem allerdings bisher noch nicht rechtskräftigen Urteil, die fachliche Qualifikation und damit auch das Recht, Abmahnungen auszusprechen, entzogen.

Urteil vom 04. April 2017 – 103 O 91/16

Nachdem der Verein im November 2015 bei einem ebay-Händler die Verwendung einer fehlerhaften Widerrufsbelehrung abmahnte und dieser eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgab, erlangte der Verein bereits im Januar 2016 erneut Kenntnis von der Verwendung dieser fehlerhaften Belehrung, woraufhin er die Zahlung einer Vertragsstrafe durch den Händler verlangte. Im Rahmen von Verhandlungen einigte man sich auf einen von dem Händler zu zahlenden Betrag.

Im Juli 2016 wurde der Händler seitens des Vereins IDO erneut abgemahnt, gab jedoch keine erneute Unterlassungserklärung ab, weswegen der Verein Klage erhob.

Wettbewerbsrechtliche Ansprüche können in einem solchen Fall gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG nur geltend gemacht werden,

  • soweit ihm eine erhebliche Zahl von Unternehmern angehört, die Waren oder Dienstleistungen gleicher oder verwandter Art auf demselben Markt vertreiben,
  • wenn er insbesondere nach seiner personellen, sachlichen und finanziellen Ausstattung imstande ist, seine satzungsmäßigen Aufgaben der Verfolgung gewerblicher oder selbständiger beruflicher Interessen tatsächlich wahrzunehmen und
  • soweit die Zuwiderhandlung die Interessen seiner Mitglieder berührt.

Der Abmahnverein war diesbezüglich der Ansicht  nach seiner personellen, sachlichen und finanziellen Ausstattung im Stande zu sein, die satzungsgemäßen Zwecke zu verfolgen, insbesondere weil er über eigene Geschäftsräume verfüge und sich durch die Beiträge seiner Mitglieder finanziere.

Diese Ansicht teilte das Gericht nicht. Es fehle dem Verein genau an dem von ihm genannten Kriterium. Die personelle Ausstattung definiere sich in der Regel durch eine entsprechende fachliche Qualifikation der Mitglieder, des Vorstands oder der Mitarbeiter des Verbands. Eine solche weisen weder die Geschäftsführer noch die Mitglieder vor, da keine besonderen Kenntnisse hinsichtlich der Organisation des Büroablaufs, Überwachung der Kommunikationssysteme, der betriebswirtschaftlichen Problemanalysen u.v.a. vorliegen.

Dem IDO fehlt die Qualifikation auch insbesondere deswegen, weil die Geschäftsführerin keine ausreichende wettbewerbsrechtliche Qualifikation vorweisen kann. Ihr hätte bekannt sein müssen, dass bei einem Verstoß gegen eine Unterlassungserklärung nicht lediglich die Vertragsstrafe verwirkt, sondern auch erneut ein Unterlassungsanspruch entsteht bzw. bei Forderung nach Zahlung der Vertragsstrafe eine neue Unterlassungserklärung mit einer höheren Vertragsstrafe erforderlich gewesen wäre.

Quelle:

http://shopbetreiber-blog.de/2017/04/12/ido-abmahnung/?utm_campaign=TS_B2B_DE-Newsletter&utm_source=hs_email&utm_medium=email&utm_content=50838358&_hsenc=p2ANqtz–dGDqY_-XqtLlCJrdKfNQSN8oYTsYVVcX9BWusZPPIckTmBUW6rMcNwCiGQrZWGSu__7zEuV1Q-q0sRvbuI3AViSTf2A&_hsmi=50838360